Politische Satire: Staatsnah geht die Moderne stiften



Die Aufgabe von Lars Wessel, der `rechten Hand´ von Kuratorin Schmidt-Peters ist es,
die Bewerberinnen und Bewerber um die Stiftungsgelder zu ermutigen,
die Unterschiede zwischen den jeweiligen Initiativen, möglichst deutlich herauszustellen.
Mit schönen Worten und gutem Zureden ist es hierbei nicht immer allein getan.






Die Personen:

Aleyna Gökdal | Manuela Holpert-Mang | Hardy Klaschka

Albrecht Opaschowsky | Sonja Schmidt-Peters | Lars Wessel



S z e n eIV



S: Sie sind alle gut versorgt mit Getränken und Häppchen ?

K: Vielen Dank, alles bestens.

H: Die Spießchen sind köstlich.

G: Sehr leckere Häppchen.

W: Dafür muss man auch ziemlich lange in der Küche stehen ...

S: Ja, die eine Hand verschickt die Einladungen und die andere bereitet mit dem Fingerfood alles vor, Herr Wessel.

K: Auf jeden Fall eine erfolgreiche Arbeitsteilung !

W: Leider bin ich kein sehr guter Fingerer.

S: Das kann man alles lernen.

H: Ich finde allerdings ...

S: Doch etwas nicht zu Ihrer Zufriedenheit, Frau Holpert-Mang ?

H: Nein, nein, gar nicht ! Im Gegenteil.Kurator Lars Wessel

S: Wie darf ich das verstehen ?

H: Die Häppchen haben es wirklich in sich !

W: Na, klar ...

O: Beginnt jetzt also das große Einschmeicheln ?

K: Jetzt erst ?

H: Sie verstehen mich falsch. Fängt an, heftiger zu atmen.

G: Da sind wir alle sehr gespannt.

W: Was ist denn nun ?

H: Mir ist ein wenig flau im Magen.

S: besorgt: Im ernst, Frau Holpert-Mang ?

H: Es krampft sich ein bisschen ...

O: Oder starten wir jetzt doch erst mal die große Mitleidstour ?

G: Also wirklich, Herr Opa... !

H: leichtes Röcheln.

W: scheinheilig: Alles in Ordnung, Frau Holpert ?

H: gequält: Wie ?

K: Mir krampft sich´s jetzt auch !

W: Nicht doch.

S: Wir sind untröstlich !

W: Das war absolut nicht beabsichtigt !

K: leichtes Röcheln.

S: Herr Klaschka ?

G: Sie haben uns vergiftet !

O: Wie ? Spüren sie jetzt auch was ?

G: Nein.

W: Fenster auf ! Öffnet ein Fenster: So - frische Luft !

H, K: atmen durch.

O: Jetzt verstehe ich, warum niemand gerne Geschäfte mit `moderne21´ macht.

S: Wie ?

W: Wer sagt so was ?

G: Ich nicht.

O: Naja ...

H: Die frische Luft ist wunderbar !

O: Tatsächlich ...

K: Ruhige, frische Luft.

W: Ruhig ?

H: Mir geht’s gleich viel besser.

K: Mir auch.

G: Ich hatte sowieso keine Probleme.

W: Bis auf die Sache mit dem Gift, wie ?

O: Allerdings.

S: Nun legen wir doch nicht alles so auf die Goldwaage, Herr Wessel, meine Herrschaften ! Im Eifer des Gefechts rutscht einem schnell mal was heraus. Hauptsache, es geht allen wieder gut.

H: Ja, danke. Die gute Hamburger Luft ...

K: Alles wieder im Lot.

G: Na, also !

W: So ganz möchte ich das aber eigentlich nicht auf sich beruhen lassen.

O: Sie haben recht: Irgendetwas stimmt doch hier nicht ... Dumpfer Knall. Erschrockenes Aufschreien.

G: Was war das ?

K: Ich sehe nichts mehr !

H: Eine Bombe !

S: Eine Bombe ?

G: Sie wollen uns alle umbringen !

W: Es ist doch nur dunkel.

K: Das ist eine Falle !

W: Unsinn – das war ein `Kurzer´.

H: Ein was ?

O: Er meint einen Kurzschluss.

W: Keine `Bombe´ !

S: süffisant: Hier soll keiner umgebracht werden.

G: Hat ja auch niemand behauptet.

K: Es ist aber immer noch dunkel.

S: Aber sie sind nicht in Gefahr.

K: Wir Anti-Dudler werden ja häufig bedroht.

H: Mit manchen Politikern ist auch nicht zu spaßen. Besonders mit solchen, denen sich die satirischen Untertöne bei `Wahlzusage´ nicht erschließen Die schicken einem gerne mal ihre Parteijugend vorbei ...

O: Also, wenn man ihnen beiden zuhört ...

K: Ja ?

H: Bitte, was ist dann ?

O: ... dann könnte man glatt meinen, den Zuschlag für die moderne21-Gelder gibt es nicht für die fähigsten `Macher´, sondern für die mit der größten Opfer-Obsession.

H: Ach, nee ...

G: leise zu Opaschowsky: Sie Amateur – darum geht es doch immer !

O: leise: Na, toll.

W: Haben sie etwas gesagt. Frau Gökdal ?

O: Äh, ja – ich sagte: Ich kann immer noch nicht viel sehen.

S: Herr Wessel, wir sollten das jetzt schleunigst abstellen.

W: Sie meinen `anschalten´. Wir reden vom Licht, oder ?

S: Vom Licht und vom Essen. Mit den Häppchen – das hätte ich gerne auch geklärt und in Ordnung gebracht.

W: Wir können uns ja aufteilen in zwei Gruppen.

S: Zwei Gruppen ?

O: Gute Idee: Herr Wessel geht mit Herrn Klaschka und mir in den Keller wegen der Sicherungen und sie, Frau Schmidt-Peters, gehen mit Frau Gökdal und Frau Holpert-Mang in die Küche und überprüfen das Frische-Problem beim Essen.

H: Aber sonst geht’s ihnen gut, wie ?

O: Keine Sorge: Mir wird kein bisschen flau, wie ihnen vorhin.

G: Ich kann mich wirklich nur an den Kopf fassen !

W: Haben sie ein Problem ? Ist doch ein guter Vorschlag von Herrn Opaschowsky.

S: Jetzt reicht es aber mit ihren Späßen ! Sie glauben doch wohl nicht, meine Herren, dass sie Frau Gökdal, Frau Holpert-Mang und mich unter solch einem fadenscheinigen Vorwand in die Küche bugsieren können.

H: Ich lass mich in keine Küche intrigieren. So düster kann es um mich herum gar nicht werden.

G: Genau: So schlimm kann außerdem kein Hunger sein.

O: irritiert: Ja, und ... ?

S: Die Idee mit den Gruppen, war ja soweit ganz brauchbar: Nur werden sie mit den Herren von `Dudelstopp´ und `Gewalt-geht-immer´ in die Küche gehen und das Essen checken und ich werde mit den Kolleginnen von `Wahlzusage´ und `Wir-sind-wichtig´ im Keller für neuen Strom sorgen.

W: Wenn sie meinen ...

H: Allerdings.

G: Genau.

K: Von mir aus gerne.

S: Meine Herren, bis später !

O: Man sieht sich ...

G: Hoffentlich bald wieder bei Licht.

H: Wo geht es denn hier in den Keller ?

S: Nach unten.

H: Ah, ja ...

S: Vorsicht: Stoßen sie sich nicht an der Tischkante, Frau Gökdal.

G: Danke, Frau Schmidt-Peters: Ich passe schon auf.

H: So was von dunkel – und das bereits am Nachmittag ! In Antalya ist es jetzt bestimmt noch hell - nicht, Frau Gökdal ?

G: Ich habe nicht die geringste Ahnung, Frau Holpert-Mang. Die Frauen verlassen das Zimmer.

O: Gehen wir wirklich in die Küche ?

W: Natürlich nicht !

K: Ach, ich dachte ... .

W: Aber sie können ja.

K: Alleine ?

O: Mit mir brauchen sie nicht zu rechnen, Herr Klaschka. Ist es ihnen tatsächlich solch ein Bedürfnis, in die Küche zu gehen ?

K: Eigentlich schon. War doch so vereinbart ... . Aber ich weiß ja nicht, wo was steht. Außerdem: Im Dunkeln dürfte ich nicht viel sehen, geschweige denn finden.

W: Die Küchenfenster gehen – anders als die hier in unserem Tagungsraum – zum Vorgarten hin. Da haben sie genügend Licht von der Straßenlaterne und können leicht das Bier finden.

K: Das Bier ?

O: Guter Gedanke !

W: Ein fast voller Kasten steht im unteren Kühlfach. Sie werden ihn schon finden.

K: Soll ich nicht doch auch noch was anderes mitbringen - außer Bier ?

W: Tja, mal überlegen: Wir sind Männer, oder ?

K: Ich weiß nicht. Ich meine: schon. Aber die Damen werden doch vielleicht etwas befremdet sein, wenn nur noch Bier zu trinken da ist. Frau Gökdal, zum Beispiel.

W: Warum sollte denn gerade Frau Gökdal befremdet darüber sein ?

K: Ich weiß auch nicht. Sagen sie doch mal was, Herr Opaschowsky.

O: Also, ich finde Bier total ausreichend. Außerdem sind ja noch die angebrochenen Getränke da.

W: Da hören sie´s, Herr Klaschka !

G: Na gut, bis gleich. Verlässt den Tagungsraum.

O: Gehörte das eben eigentlich auch noch mit zum Auswahlverfahren ?

W: Warum sollte es nicht ? Nur weil das Licht aus ist ?

O: Oh, dann ist das jetzt wohl gerade nicht so gut für mich gelaufen ?

W: Jetzt gerade ? Tür wird geöffnet.

S: betritt mit den anderen Frauen den Tagungsraum: Da sind wir wieder.

W: Sehr schön !

O: Der Strom ist nach wie vor aus.

H: Meinen sie ?

O: Jedenfalls brennt das Licht immer noch nicht.

H: Sie sind ja offenbar auch nicht in die Küche gegangen.

G: Nein, Herr Opaschowsky sitzt unverändert auf dem selben Platz. Wie das Patriarchat.

O: Wie was ?

S: Im übrigen haben wir Kerzen mitgebracht. Vorsicht, stolpern sie nicht, Frau Holpert-Mang !

H: Oh, danke.

G: Jetzt wird’s gemütlich. Kerzen werden angezündet.

K: betritt den Raum: Ich bringe das Bier ...

H: Das Bier ?

S: zu Wessel: Respekt, Herr Wessel.

G: schmunzelnd: Das sind jetzt also die frischen Häppchen, ja ?

K: Ich wollte ja ...

H: Das war so ein uralter Sicherungskasten im Keller. Richtig schlimm verstaubt.

G: Und die Sicherungen sahen völlig anders aus als die modernen. Ganz unnatürlich rund ...

H: Wenn ich da durch `nen Stromschlag krepiert wäre, wer hätte sich dann um Cindy und Bert gekümmert ? Es war ja schon schwierig genug, kurzfristig für heute Abend eine qualifizierte Hundesitterin zu finden.

G: Das sollten sie morgen lieber den Hausmeister machen lassen, das mit den Sicherungen. Außerdem: Ein paar Kerzen sind doch auch ganz schön und CO²-sparend !

W: Also künftig werden wir wichtige Termine im Stiftungshaus am besten nur noch bei Flaschenbier im Kerzenschein zelebrieren.

S: Recht so, Herr Wessel.

W: Gut gelaufen, Frau Schmidt-Peters.

H: Jetzt bin ich verwirrt: Waren die abgestandenen Häppchen und die morsche Sicherung nun eingeplant oder nicht ?

O: Klären sie uns auf !

W: Gegenfrage: Haben die Frauen im Bezug auf die Technik ihren Mann gestanden ?

G: Wie ?

S: Und eine zweite Gegenfrage schließt sich an: Haben die Männer im Bezug auf die Haus- wirtschaft ihrer eingesperrten weiblichen Seite Freigang gewährt ?

H: Schön gesagt.

O: Schon klar, was sie hören wollen: Alles, außer dass die Männer ihren Mann und die Frauen ihrer Frau gestanden haben.

K: Na, dann sagen sie das doch einfach !

O: Geschenkt.

K: Soll ich ?

H: Also kein Plan.

W: Kein Plan, keine Widerlegung der Geschlechterklischees.

O: Eins zu eins - unentschieden.

S: Sind sie alle gut versorgt mit Trinken ? Und können sie alle genug sehen ?

G: Ja.

K: Danke.

H: Wunderbar.

O: Ausreichend.

W: Sehr schön ! Dann können wir ja jetzt weitermachen.


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