Politische Satire: Staatsnah geht die Moderne stiften



Die Aufgabe von Lars Wessel, der `rechten Hand´ von Kuratorin Schmidt-Peters ist es,
die Bewerberinnen und Bewerber um die Stiftungsgelder zu ermutigen,
die Unterschiede zwischen den jeweiligen Initiativen, möglichst deutlich herauszustellen.
Mit schönen Worten und gutem Zureden ist es hierbei nicht immer allein getan.






Die Personen:

Aleyna Gökdal | Manuela Holpert-Mang | Hardy Klaschka

Albrecht Opaschowsky | Sonja Schmidt-Peters | Lars Wessel



S z e n eVII



W: Nun haben wir´s nämlich ...

S: Eigentlich sind jetzt alle Punkte auf der Liste abgehakt. Oder, Herr Wessel ?

W: Das wollte ich damit andeuten.

S: Dann machen wir´s kurz und schmerzlo

S: Gewinner unter den Bewerberinnen und Bewerbern ist in diesem Wahljahr Frau Gökdal von der Initiative `Wahlzusage – mehr Politik, weniger Demokratie´. Ich gratuliere !

G: leicht erfreut: Oh !

W: Ich gratuliere ebenfalls.

G: Wie schön ! Danke ! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.

K: Ich habe ihnen die Daumen gedrückt, Frau Gökdal.

H: Ach ja ? So ein Zufall: Ich auch.

O: So ein Zufall: Ich nicht. War ja auch überflüssig, wie man sieht ..

S: Herr Opaschowsky, sie belegen übrigens den letzten Platz.

O: Nicht doch, nicht doch !

W: Doch, doch. Vielleicht sollten sie ihre Bewerbungsstrategie künftig etwas ändern.

O: gleichgültig: Meinen sie ?

W: Aber ich vermute fast, Frau Schmidt-Peters, hier lief parallel zu unserer Kandidaten- Befragung wieder mal ein Stück hinter unserem Rücken.

S: Ist das ihr Eindruck ? Das wäre allerdings unschön.

W: Aber nicht das erste Mal.

S: Stimmt. Dann stelle ich jetzt mal die Frage in die Runde: Warum sind sie alle eigentlich so gefasst, meine Damen, meine Herren ? Es geht schließlich um viel Geld.

H: Sind wir gefasst ?

O: Was soll jetzt noch das Theater ? Frau Schmidt-Peters und Herr Wessel erkennen offenbar den Unterschied, ob sich jemand über 200.000 (€) freut oder nur über 50.000. Denen können wir nichts vormachen.

G: Herr Opaschowsky ! Also wirklich: Sie sind nicht umsonst Letzter geworden - Herr Wessel hatte schon ganz recht.

W: 50.000 ?

H: Ach was soll´s ? Jetzt können wir´s doch sagen.

K: Ein bisschen mehr Ehrlichkeit stünde uns gut an.

O: Die Show ist vorbei. Wir brauchen nicht mehr wahrheitsflexibel zu sein.

W: Wovon reden sie ? Jetzt mal die Karten auf den Tisch, wenn ich bitten darf !

S: Also ?

H: Wir haben vereinbart - unabhängig davon, wer gewinnt - das Geld unter uns aufzuteilen: Zu vierteln in vier gleiche Teile.

S: Ich verstehe: Dann war die ganze Debatte, dann war die letzte Stunde mehr oder weniger überflüssig ?

G: So oder so ähnlich muss es den Abgeordneten im Bundestag gehen.

S: Das ist wirklich enttäuschend !

O: Ich dachte, die Latte hängt ohnehin nicht so hoch ! Speziell bei mir, Herr Wessel. Das sagten sie doch eben.

W: Ich ging immerhin davon aus, sie seien ein Wettbewerbstyp. Und jetzt dieses desillusionierte, rationale Verhalten. Wo ist ihr komparativer Ansatz geblieben ?

O: leicht amüsiert: Das scheint sie wirklich zu irritieren.

G: Bleibt positiv zu konstatieren, dass kleine Absprachen unter Freunden nicht gegen Herrn Opaschowskys Ehre gehen.

W: Gegen den Strich, gegen die Ehre - gegen was auch immer.

O: Nein, überhaupt nicht. Ganz oben bei den Prioritäten stehen die Rechnungen, die zu bezahlen sind. Danach kommen gleich die Jungs. Und dann die Moral und von mir aus die Ehre.

K: verächtlich: ... die Ehre !

H: Wenn ich das schon höre !

O: Ist vielleicht eher ein Männerthema ...

H: Also, jetzt reicht´s !

G: Wirklich etwas enttäuschend, das alles.

S: Nun gut, denken sie nicht, sie seien die ersten Bewerber, die untereinander so verfahren !

W: Sonst bekommen wir´s aber meist erst ein paar Wochen hinterher gesteckt.

S: In dieser ungenierten Offenheit ist das neu - da haben sie recht, Herr Wessel. So oder so: Es bleibt doch ein schaler Nachgeschmack.

W: Sehen wir in zwei Jahren wieder ?

H: zögernd: Das wäre doch hübsch.

K: Zyklisch, sozusagen.

S: Wird denn das Geld für sie und ihre Viererbande ganze zwei Jahre reichen ?

G: Kaum.

H: Vielleicht mal zwei Monate.

K: Glücklicherweise gibt es ja noch weitere staatsnahe Stiftungen: Konrad, Heinrich, Hanns, Rosa und ... wen hab´ ich jetzt noch vergessen ?

O: Na, die Friedrichs.

K: Richtig.

H: Und auch die vielgescholtene Wirtschaft erweist sich immer wieder als spendabel. Insbesondere die Zeitarbeitsfirmen.

O: Jeder hat eben so seine Spezie

S: Ich kann jedenfalls für meine Initiative sagen, dass das Kriminologische Institut in Hannover seine finanziellen Mittel sehr weitblickend einsetzt.

K: Die großen Plattenfirmen und Verlage stehen dem zum Glück kaum nach.

G: Und auch die Talkshow-Honorare enttäuschen nur selten. Alles Verhandlungssache.

S: Das hört sich vielversprechend an: Also hoffentlich gibt es ihre Initiativen alle noch in zwei Jahren.

G: Da bin ich guter Dinge: Gewählt wird ja eigentlich immer. Die Leute kriegen offenbar nie genug davon. Und das ist auch richtig und gut s

O: Wer nicht wählt, stärkt die Radikalen.

K: Gedudelt wird mit Sicherheit ebenfalls weiterhin – kommerziell, privat, behördlich ... Da braucht es eher mehr als weniger Initiativen, die das mit Aktionen begleiten.

H: Auch die Staatsquote kann und wird kaum zurückgefahren werden – im Gegenteil. Also steigende Aufopferung durch die Bürger und mehr Bedarf an Seelenbalsam durch uns.

O: Tja und der berühmt-berüchtigte Notwehr-Exzess wird sicher nicht über Nacht zu Zivilcourage umgedeutet werden. Da wird die Justiz schon aufpassen und lieber mit uns kooperieren.

S: Also gute Chancen, dass wir uns bald wieder hier in Hamburg sehen.

W: Falls nicht etwas Unerwartetes passiert.

G: Wie meinen sie denn das ?

S: Wir wollen sie nicht länger aufhalten.

H: Wie ?

S: Danke ja, Herr Wessel. Bringen sie unsere Gäste noch zur Tür ?

W: Aber gerne.

S: Meine Damen, meine Herren, auf Wiedersehen.

K: Auf Wiedersehen.

G: Ja, hoffentlich.

H: Auf Wiedersehen.

S: verlässt den Raum. Kurze Pause. Herr Opaschowsky, ist noch was ?

O: Nein, nein. Alles in Ordnung. Ich komme schon. Verlässt mit anderen den Raum.


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